Sonntag, 28. Juni 2015

Sommerurlaub 2015 - Dänemark / Schwedische Westschären

Dieser Urlaub führt uns an folgende Orte:

Wendtorf - Marstal - Nyborg - Ballen (Samsø) - Anholt - Fjällbacka - Alvö/Persholmen - Mollösund - Marstrand - Långedrag (Göteborg) - Varberg - Helsinggör - Kopenhagen - Rödvig - Klintholm - Hesnaes - Kühlungsborn - Orth (Fehmarn) - Wendtorf



Unser Urlaub beginnt zum Ende der diesjährigen Kieler Woche. Wir verabreden uns dort mit Ute und Andreas auf der Hamattan, die im Kieler Yachtclub in Düsternbrook liegt, also mitten im Gewimmel des Festes mit all seinen Freß-Buden. Natürlich schnacken wir auch über unsere bevorstehenden Urlaube, die beiden sind ja jetzt auch für eine Woche in der Ostsee unterwegs. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns irgendwo treffen werden ist allerdings gering, wollen wir doch so schnell wie möglich nach Norden und die schönen Inseln auf dem Weg dorthin erstmal überspringen. Soweit der Plan. Nun ist Irmi aber etwas erkältet und hat Halsschmerzen, daher fühlt sie sich nicht so wohl und möchte keine Nachtfahrt machen. Zumal es nachts auch noch sehr kalt ist und es lange dauert bis tagsüber die 20° erreicht sind.  So haben wir uns nach langen hin und her dafür entschieden Langeland auf unserer Backbordseite zu lassen und über den großen Belt zu segeln und Spodsbjerg anzulaufen, was eine Tagesfahrt ist. Kaum aus Wendttorf raus, stellt sich der Wind jedoch als zu schwach heraus um bei Raumwind mit einer Restwelle östlich um Langend zu segeln. Wir luven lieber an und entscheiden uns stattdessen für Aero mit dem Städtchen Marstal. Die ersten 2/3 können wir auch prima segeln, den Rest müssen wir leider motoren.

Von Marstal planen wir immer noch keine Nachtfahrt. Unser nächstes Etappenziel soll Nyborg sein, das sind ca. 33 Meilen, die aber bei sehr wenig Wind sehr zäh sind. Zumindest das Meiste davon. Denn die letzten 10 Meilen briest es auf und die Lollo segelt uns mit über 7 Knoten in Richtung Nordwesten fast davon. Super, denn so kommen wir noch vor 18 Uhr in Nybord an und können noch durch den netten Ort radeln und eine Kleinigkeit einkaufen.

Am nächsten Morgen werde ich früh wach und entdecke einige Hummeln im Hintern. Ich will unbedingt ablegen, Irmi aber weiterschlafen. Kann sie ja machen, denke ich mir. Also hole ich die Fahrräder an Bord, bringe die Hafenkarte zurück um den Pfand zu kassieren und lege alleine ab, während Irmi weiter im Bett bleibt. Gefrühstückt wird wieder unterwegs. Gedacht, getan. Alles klappt auch wunderbar. Kurz noch den Schlag raus aus Nyborg in Richtung Südosten um dann nach Umrundung der Halbinsel Østerø Kurs auf die Westdurchfahrt unter der großen Beltbrücke, die die Inseln Fünen und Seeland miteinander verbindet, zu nehmen. Diese Durchfahrt soll laut NV-Karte 18 Meter hoch sein, das sollte für unsere Lollo reichen. Trotzdem wird mir etwas mulmig zumute als wir uns den Brückenpfeilern, die für die Unterquerung vorgesehen sind, nähern. Die Durchfahrtshöhe sieht nämlich auf den ersten Blick gar nicht danach aus als wäre sie hoch genug.

                                   
                                                Westdurchfahrt durch die große Beltbrücke

Irmi spürt wohl meine kurze Panik und schaut aus dem Bett bzw. der Koje mal hoch um sich zu erkundigen ob auch alles korrekt zugeht. Ich vertraue dann aber auf die Angabe in der Seekarte und gebe Gas, denn unter der Brücke ist ein Windloch, das wir mit dem Motor „überbrücken“ müssen.. Auf der nördlichen Seite der Brücke setzt der Wind aber prompt wieder ein und wir segeln mit gut 5 Knoten entlang dem großen Belt in Richtung Samsø, Kerteminde lassen wir links liegen, da es in der einschlägigen Literatur nicht so gut weg kommt und wir sowieso „reif" für die Insel Samsø sind. Unser Weg kreuzt zwangsweise auch den sogenannten „Weg T“, der für die Großschifffahrt vorgesehen ist. Da das aber kein Verkehrstrennungsgebiet ist, zögern wir nicht ihn auch im spitzen Winkel zu überqueren. Sowieso ist nicht viel Berufsverkehr unterwegs. Im großen Belt begegnen wir gerade mal drei von den Riesen.
Die große Belt Brücke aber ist wirklich beeindruckend. In der Ferne sieht man die Spitzen der Ostdurchfahrt bis kurz vor Samsø noch.
Auf Samsø gibt es an der Ostküste zwei Marinas: Langør, was im Norden der Insel in einem Naturschutzgebiet liegt, und Ballen im südlichen Drittel der Insel. Für letzteren Hafen entscheiden wir uns. Er spricht uns einfach mehr an, nachdem wir beide Beschreibungen gelesen haben. Ausserdem ist der Weg von Nyborg nach Ballen eh schon sehr weit und der Wind hat kurz vor Samsø stark nachgelassen, so dass wir Ballen einfach vorziehen. Hier erwartet uns ein fast schon überfüllter kleiner Stadthafen mit  viel Flair. Die Lollo mit ihren gerademal 9,30m findet aber immer einen Platz und Päckchen liegen sind wir ja aus Holland gewöhnt. Auch im Päckchen holen wir wie immer unsere Fahrräder raus, ist nur leider etwas mehr Aufwand, da wir sie ja über drei weitere Segelschiffe tragen müssen. Dafür werden wir mit einer schönen ersten Radtour durch die nähere Umgebung des Hafens belohnt.

Hafen von Ballen

Die wunderschöne Insel, die etwas größer ist als Sylt, aber wesentlich weniger Einwohner beherbergt, erkunden wir aber erst so richtig am nächsten Tag. Unsere Fahrräder sind mal wieder Gold wert. Anders als die West-, Ost-und Nordfriesischen Inseln ist Samsø allerdings sehr hügelig, so dass wir hier auch wirklich froh sind eine Gangschaltung zu haben. Wir sind besonders gespannt wie es wohl in Langør aussieht, denn dort wären wir ja auch beinahe hingefahren und das ist der Ort, den Andreas uns empfohlen hat. Also radeln wir mal dorthin und schauen uns um. Auf dem Weg fahren wir an idyllischen Häuschen und vielen blühenden Feldern vorbei und denken immer wieder: hier muss der Weltfrieden erfunden worden sein.
Inzwischen haben wir uns auf einen frei gewordenen  Liegeplatz am Steg zwischen zwei Pfählen verholt. Das ist auf die Dauer bequemer als ständig über drei Boote zu klettern. Insgesamt gefällt uns Samsø ganz ausgezeichnet und auch Ballen ist zumindest für uns die richtige Hafenwahl. Nur einen Wehrmutstropfen hat Ballen zu dieser Zeit: Rücksichtslos wird auch zur besten Ferienzeit am neuen Fährhafen bis in den späten Abend mit lauten Baggern gearbeitet. Das Poltern der riesigen Steine, die auf LKWs verladen werden, beschallt jedenfalls noch bis nach 22:00 Uhr den gesamten Yachthafen.
Ach ja, und vielleicht einen zweiten, aber der gilt für die gesamte Ostsee, nur fällt uns das erst hier so richtig auf: das Wasser ist voller Quallen, die reinste Plage! Alleine im Hafenbecken tummeln sich Hunderte.

Quallenplage in der Ostsee, hier in Ballen


Auf Samsø habe ich mich bei Irmi angesteckt. Das ist das erste Mal, dass ich mich im Urlaub erkälte. Hoffentlich ist das nur ein harmloser Schnupfen. Wie dem auch sein, nach zwei Nächten soll es wieder weiter gehen, das Wetter ist günstig für die Richtung nach Anholt. Das sind etwas über 60 Meilen, daher fange ich den Wurm und lege schon mal alleine ab, während Irmi schläft. Sie ist ja jetzt nicht mehr im Tidenmodus und daher will ich sie in der Ostsee nicht so früh aus der Koje scheuchen. Morgens um halb fünf ist es bereits taghell, die Sonne knallt bereits, der Wind ist wie vorhergesagt bei 4-5 Bft aus Südost, perfekt! Kaum draussen und die Segel gesetzt haben wir auch schon über 6 Knoten auf dem GPS.  Ich wundere mich ehrlich gesagt etwas über das enorme Tempo, wir werden sogar immer schneller. Na klar, das muss schon die Strömung durch den Vejrø Sund sein, dem wir immer näher kommen. Mitten drin segeln wir mit sagenhaften 9,5 Knoten, aber das Erstaunlichste ist wie lange vor- und nachher wir immer noch über 8 Knoten schnell sind. Der Vejrø Sund hat wirklich Power, die wir froh sind nicht gegen uns zu haben, denn dann würde wohl mit unserem schwachen Motor nicht viel gehen. Der Seegang bleibt dabei harmlos, da die Windrichtung nicht gegen die Strömungsrichtung zeigt. Später pendelt sich die Lollo ohne Schub von hinten zwischen 6 und 7 Knoten ein, also immer noch eine zügige Fahrt nach Anholt. Wir sind dann auch in nur neuneinhalb Stunden dort. Im Hafen ist der Wind ganz schön am heulen. Wie auf Anholt üblich müssen wir unser Heck an einer Boje festmachen. Nun sind wir ja froh überhaupt einen freien Liegeplatz gefunden zu haben, da werden wir das anlegen schon irgendwie hinkriegen. Zunächst ist ja auch alles ganz einfach: anlegen wie in eine Box, nur ohne Heckpfähle halt. Kurzfristig können wir uns ja an einem der Nachbarschiffe festhalten. Nur muss dann eine Achterleine durch den Bojenhaken, was gar nicht so einfach ist. Die Profis unter den Ostseeseglern haben einen speziellen Gegenhaken dafür oder einen dafür gemachten Bootshaken, wir aber natürlich nicht. Ohne Schlauchboot oder ohne ins Wasser zu springen haben wir keine Chance an die Boje zu kommen. Normalerweise würde ich mir einen Spaß draus machen und ins Hafenbecken springen, aber mit meiner Erkältung lasse ich das lieber. Noch während ich am überlegen bin, springt schon ein Däne von einem Nachbarschiff hinein und greift unsere Leine. Doch wir sind nicht die Einzigen, die etwas Hilfe benötigen, hier ist das Anlegechaos ganz alltäglich, erzählt man uns. Manch einer fährt in seinem Schlauchboot herum und hilft Neuankömmlingen aus purer Freude am Helfen. Früher soll man hier mit seinem Anker statt an einer Boje festgemacht haben. Die Zeiten sind allerdings vorbei auf Anholt, wohl wegen der vielen Ankerkettensalate…

Anholt ist irgendwie eine besondere Insel, wenn auch nicht unbedingt besonders schön. Der Hafen hat sehr maritimes Flair und die Strände sind einzigartig für das, was wir bis jetzt von der Ostsee gesehen haben. Der kleine Ort hat allerdings nicht den Charme von seinen Kollegen aus Samsø und die Fahrradwege sind auch nicht so doll. Aber dafür hat man von der 48 Meter hohen Düne „Sønderbjerg“ einen phantastischen Ausblick über die ganze Insel.

Strand am Hafen von Anholt



Zum Strand von Anholt


Leider ist für die nächsten Tage nur Flaute vorhergesagt. Da wir aber unbedingt in die schwedischen Schären wollen, entschliessen wir uns unter Motor in Richtung Norden zu fahren. Und da uns sonst die Zeit davon rennt und wir in den Schären ja eine Weile bleiben wollen, motoren wir den ganzen Tag und die folgende Nacht durch bis nach Fjällbacka, was schon in den schönsten schwedischen Westschären liegt. Unterwegs nehmen wir mehreremale das Gas raus um zu prüfen ob wir nicht doch ein bisschen Wind einfangen können, doch jedesmal zwecklos.

Gegen Abend wird es immer kühler, später muss ich mir sogar Socken anziehen und eine Jacke. Ausserdem bin ich noch am rätseln ob der Sprit wohl noch reicht. Kurz vor Marstrand könnten wir entweder die Nacht verbringen oder nochmal tanken. Also messen wir schnell nochmal den Dieselpegel mit unserer Peilstange um ganz sicher zu gehen: Der Diesel scheint zu reichen. Als wir beschliessen die Reise fortzusetzen ist Irmi aber bereits so müde, dass sie sich als erste hinlegt. 
Ich bin schon ganz gespannt wie hell die Nacht verläuft, so weit nördlich waren wir ja noch nie. Und in der Tat wird es gar nicht richtig dunkel während der Nacht. Ich habe das Gefühl, dass die Sonne, während sie auf der einen Seite untergegangen ist, auf der anderen Seite schon wieder aufgeht. Jedenfalls ist es spätestens gegen drei Uhr wieder richtig hell, vorher war es bestenfalls dämmrig. Allerdings addiert sich zum Licht diese Nacht auch der Vollmond, Um vier Uhr wird Irmi auf einmal wach, damit habe ich noch gar nicht gerechnet. Wahrscheinlich weil die Sonne schon so scheint. Gut, denke ich, dann lege ich mich jetzt etwas aufs Ohr. Das ist so kurz vor Smögen. Als ich ca. drei Stunden später aufwache sind wir ganz kurz vor der Einfahrt in den Schärengarten vor Fjällbacka. Die Gegend ist der reinste Traum! Wunderschön liegen die Felsen im Meer und sorgen für das reinste Labyrinth, wenn wir nicht unser Ipad mit den NV-Karten hätten. Sie weisen uns per eingebautem GPS den Weg durch den Irrgarten, der zwar einige Seezeichen in Form kleiner Leuchttürme hat, aber ohne Plotter, der einem die eigene Position auf dem Bildschirm immer genau anzeigt, wäre es deutlich schwieriger und aufwendiger hier den richtigen Weg zu finden.

                                             Einfahrt in die Schärenwelt West-Schwedens


Das gilt für den gesamten weiteren Aufenthalt in Schweden’s Schären. Eine gute Stunde kurven und staunen wir durch die Felsen bis wir in Fjällbacka ankommen. Hier müssen wir erstmal tanken, bevor wir uns einen Liegeplatz suchen. Diesel ist in Schweden übrigens recht teuer, wir zahlen 1,50 für den Liter, aber es soll das Einzige Mal bleiben, dass wir tanken müssen. Danach finden wir einen netten Liegeplatz längsseits an einem Motorboot aus Holland, das aber von zwei Deutschen Pärchen gefahren wird. Es ist bedeutend größer als die Lollo und so liegen wir quasi wie an einer Wand. Das ist auch ganz gut so, denn in den nächsten Tagen ist Sturm angesagt, der uns zu einem ungewollt langen Aufenthalt in Fjällbacka zwingt. Die Sonne scheint jedoch den ganzen Tag und so können wir wenigstens  zu Fuß und mit dem Fahrrad einige schöne Ausflüge in der Umgebung machen. U.a. steigen wir auf den Vetteberg, von dem man eine hervorragende Aussicht auf den Ort und die umgebende Schärenwelt hat.


Schlucht, durch die man auf dem Weg auf den Vetteberg muss



Marina in Fjällbacka



Fjällbacka


Die See ausserhalb des Schärengartens hat sich während dieses langen Sturms stark aufgepeitscht. Innerhalb der Schärenwelt kann man aber einigermassen wellenfrei segeln, daher machen wir uns nach drei Tagen im schönen Fjällbacka wieder auf die Reise nach Süden. Mit Hilfe unseres iPads mit den elektronischen Seekarten vom NV-Verlag navigieren wir uns durch das Labyrinth in Richtung unseres ausgesuchten Ankerplatzes. Der Weg führt uns u.a. durch den landschaftlich reizvollen Hamburgsund, eine enge Schlucht mit idyllischen Häuschen an den Ufern.
Unser Übernachtungsplatz liegt zwischen den Schäreninseln Alvor und Persholmen, wir erreichen ihn schon nach ca. zwei Stunden. Der Platz ist in den Seekarten von NV und Navionics nicht bemaßt. Wir haben ihn als Geheimtipp von unseren norwegischen Nachbarn in Fjällbacka genannt bekommen. In ihrem schwedischen Revierführer gibt es einen kleinen bemaßten Kartenausschnitt, den ich abfotografiert habe und nach dem wir uns langsam und vorsichtig vor einen Felsen längsseit navigieren.
Dieser malerische Platz ist einfach traumhaft schön, so schön, dass wir leider nicht darauf achten wie herum es am besten wäre zu liegen. Denn dummerweise bläst uns der Wind genau in die Plicht, wodurch es etwas frisch dort ist. Das Anlegen und Festmachen war aber so aufwendig, dass wir darauf verzichten uns umzudrehen. Stattdessen wandern wir lieber über die Felsen und geniessen die tolle Aussicht auf die Schärenwelt.

Lollo längsseits an einer Schäre


Typischer Schärenharken im Fels


Karte von unserem Naturhafen

Da es aber selbst den Schweden dieses Jahr zu kalt im Sommer ist, verbringen wir nur eine Nacht an so einem Naturhafen und machen uns am nächsten Morgen auf den Weg nach Mollösund. Wieder vorbei an typisch schwedischen Örtchen und einsamen Häusern mit roten Dächern und wieder durch zwischen engen Felsen durch, die uns ein wellenfreies und damit schnelles Segeln ermöglichen.

In Mollösund gibt es einen kleinen, aber gemütlichen Yachthafen, der bereits ziemlich voll ist als wir ankommen. So bleibt uns nur noch ein Platz im Päckchen, das später noch von einem Schweden nach außen aufgefüllt wird.
Vom Ort sehen wir nicht viel, denn beim Hafenrundgang entdecken wir eine HR34 mit der Aufschrift "Colonia".  Kaum ein Schnack von Steg zu Schiff, schon sitzen wir beim Bier an Bord der Rassy. Vom Bier wird man ja bekanntlich hungrig, daher beschliessen wir gemeinsam im Hafenrestaurant essen zu gehen. Das einzige Mal, dass wir auswärts essen in diesem Urlaub, ansonsten haben wir immer etwas gekocht. Es wird so spät, dass wir darauf verzichten uns den Ort noch genauer anzusehen und am nächsten Morgen wollen wir ja auch schon wieder weiter Richtung Süden. Marstrand, das berühmte schwedische Segelmekka, ist unser nächstes Etappenziel. Wind weht immer noch stark, aber innerhalb der Schärenwege ist das kein Problem. Doch neugierig wie wir sind entscheiden wir uns spontan einen kleinen Ausflug außenherum zu machen. Auf die Idee sind wir gekommen, da der Weg zwischen den Schären platt vor dem Wind verlaufen wäre. Aussen lang können wir dagegen etwass anluven und raumschots segeln, was viel angenehmer und schneller ist. Mit den enormen Wellen von mehreren Metern Höhe haben wir allerdings nicht gerechnet Wir sind zwar sehr schnell, aber wir haben auch etwas Mühe uns bei starken Kursabweichungen bedingt durch die rauhe See auf Kurs zu halten. Ich bin froh, das Irmi mit dem ipad in der Hand mich um ein Flach herumlotst. Es weht noch mit 5-6 Bft, aber die See ist noch von dem Sturm vor ein paar Tagen total aufgewühlt. Ausser uns sehe ich draussen auch weit und breit kein anderes Segelboot. Wir beschliessen also den nächsten Schäreneingang wieder zu nehmen. Dafür müssen wir durch eine recht enge Felsendurchfahrt, wobei uns bei den Wellen die davor herrschen etwas mulmig zumute ist. Letztlich geht es aber ohne Probleme, doch wir sind froh heile da durch zu sein. Sofort wird das Wasser wieder ruhiger. Die letzten paar Meilen nach Marstrand geniessen wir wieder.
Marstrand ist so etwas wie das Segelmekka Schweden's. Das Herz dieses lebendigen Ortes liegt auf der Insel Marstrandsö und ist nur per Fähre zu erreichen, ausser man hat sein eigenes Boot. Wir haben beim anlegen viel Wind und entscheiden uns erstmal für den nächstbesten Liegeplatz. Der ist aber einem starken Schwell ausgesetzt, so dass wir uns zu Fuß einen ruhigeren Platz aussuchen und dann in aller Ruhe umparken. Anschliessend stürzen wir uns in den Touristentrubel und wandern auch auf die Burg. Von dort oben hat man natürlich eine tolle Aussicht über die Insel und die umgebende Schärenwelt.
Ein kleines bissschen Wehmut kommt so langsam auf, denn wir müssen anfangen an den Heimweg zu denken und uns von den tollen Schärengärten verabschieden. Die Fahrt nach Göteborg führt uns aber nochmal durch sehr schöne Wege durch die Inselwelt. Teilweise müssen wir durch enge Durchfahrten durch, dass man jemandem auf dem Felsen die Hand geben könnte.


Marstrand

Göteborg hat im Wesentlichen zwei Yachthäfen, die für einen durchreisenden Segler in Frage kommen: Da ist zum Einen der City-Hafen Lila Bommen, der wirklich im Herzen der Stadt liegt und ideal ist, wenn man die Stadt erkunden will. Der einzige Nachteil ist die ca. eine Stunde Fahrzeit durch den Götakanal und wieder heraus. Wir entscheiden uns daher für die andere Alternative und laufen in Längedrag ein. Ein großer Hafen genau am Eingang vom Götakanal zur Stadt. Von hier nehmen wir einfach unsere Fahrräder in die Stadt, das sind 15km und dauert rund eine Stunde. Aber man kann größtenteils am Wasser entlang fahren und bekommt unterwegs schon eine ganze Menge von der Stadt zu sehen.
Längedrag ist ein klassischer Durchgangshafen für all die Schwedensegler. Durchaus empfehlenswert, wenn es nicht nur eine Toilette gäbe. Dadurch staut es sich morgens natürlich enorm. Wer das geplant hat hat wohl noch nicht gewusst, dass in Schweden mal verboten werden würde irgendetwas vom Boot ins Wasser einzuleiten. Dafür lohnt es sich zu duschen. Es gibt nämlich moderne Waschräume, sogar mit Saunazugang in der Mitte zwischen den Damen- und Herrenduschen, nur durch eine Schiebetür getrennt. Daher nicht erschrecken, wenn plötzlich das andere Geschlecht splitternackt vor einem steht...

Hafenkontor von Långedrag


Von Längedrag ist es nun endgültig der letzte Törn mit Schärensichtung. Auf dem Weg nach Varberg segeln wir noch in der ersten Hälfte durch einige Schärenwege. Spätestens aber bei Varberg ist die schöne Welt der Mini-Inselchen vorbei. Der Ort Varberg hat auch nicht allzu viel zu bieten. Wir laufen recht spät ein und müssen im Stadthafenbecken in ein Päckchen. Ein kurzer Spaziergang durch den Ort, schnell etwas zu essen gekocht und duschen gegangen, das wars dann auch schon. Die Wetteraussichten stehen schliesslich gut für eine Weiterreise nach Süden. Nordwestlicher Wind der Stärke 5 Bft sind perfekt für die ca. 60 Meilen lange Fahrt nach Helsingör. Wir kommen sehr gut vorwärts bei dem Wind, segeln permanent über 6 Knoten.
Mit Einlaufen in Helsingör verlassen wir Schweden, denn der Ort gehört zu Dänemark.
Nach diesem langen Törn freuen wir uns richtig auf Helsinggör, denn die Beschreibung im Hafenhandbuch klingt vielversprechend. Wir werden allerdings eher enttäuscht als wir nach dem Anlegen in der riesigen Marina mit den Rädern noch in die Stadt fahren. Wir können nichts Besonderes entdecken, was einen längeren Aufenthalt rechtfertigen würde. Das Schloss Kronborg ausserhalb der Stadt vielleicht schon, aber wir wollen stattdessen lieber weiter, denn wir haben jetzt tierische Lust auf Kopenhagen.

Schloss Kronborg von Helsingör


Am kommenden Morgen sind 6 Bft, in Böen 8Bft aus WNW angesagt. Wir werden bei dem Wind extrem schnell und schießen mit permenent zwischen 7 und 8 Knoten nach Kopenhagen. Unterwegs können wir ein paar tolle Fotos vom Schiff machen wie es nur so dahin rauscht.

Auf dem Weg nach Kopenhagen



Hinter dem langen Wellenbrecher der Hafeneinfahrt bergen wir bei sehr starken Böen die Segel. Plötzlich bemerken wir ein "Einfahrt verboten" Schild. Die Haupteinfahrt ist nämlich nur für Kreuzfahrtschiffe, was wir erst ganz kurz vor dem entsprechenden Schild erkennen können. Mit quasi quietschenden Rumpf drehen wir die Lollo aus der Einfahrt, bevor wir mit einem Passagierriesen kollidieren oder uns jemand hinaus zitiert. Unvorbereitet wie wir sind, müssen wir erstmal die Karte studieren um zu wissen wo es denn jetzt nach Kopenhagen rein geht. Aber kein Problem, ein Stückchen weiter südlich ist die Einfahrt für Sportboote. Etwas versteckt, aber betonnt. Und wenn man die Tonnen erstmal entdeckt hat, findet man den Weg auch gut.
Fortan motoren wir durch die Stadt von Kopenhagen. Als erstes begegnen wir der berühmten Meerjungfrau, dem Wahrzeichen der dänischen Metropole. Auf nahes Heranfahren verzichten wir jedoch, da dort bereits mehrere Ausflugsboote herumstehen und ein Foto sowieso Scharen von Touristen im Hintergrund hätte. Das obligatorische Meerjungfrau-Bild macht man also besser von Land aus mit Wasser im Hintergrund. Wir wollen ja auch erstmal unser Schiff festmachen und in Ruhe durch die City radeln.
Dafür haben wir uns den Christianshavn im Zentrum der Stadt ausgesucht. Den haben wir einfach nach der Beschreibung im Dänemark-Hafenhandbuch und im NV-Hafenführer ausgesucht und waren völlig zufrieden damit. Um in den langen und engen Kanalhafen zu gelangen, müssen wir zunächst durch die neue Drehbrücke(Trangravsbroen), dessen Öffnungszeiten im NV-Hafenführer und auf dem Wärterhäuschen stehen. Leider müssen wir kurz warten und wegen dem starken Wind und dem vielen Verkehr kurz am Rand anlegen, was gar nicht so einfach ist. Natürlich will mit uns auch eins der zahlreichen Touristenboote ebenfalls durch die Einfahrt in den Christianskanal. Diese Boote sind fast so breit wie der Kanal und mindestens doppelt so lang wie die Lollo. Es wird also eng. Sobald die Brücke öffnet geht die Jagd nach den besten Liegeplätzen los. Frei Plätze gibt es kaum noch. Irmi entdeckt einen schönen Platz an einem Motorboot. Überhaupt legen wir uns ja gerne an Motorboote ins Päckchen. Die sind größer als wir und wir können längsseits anlegen, fast wie an einem Steg. Im Gegensatz dazu sind Segelboot immer rund und man hat einen Berührpunkt in der Mitte und weite Distanzen zu den Enden, wo man an die Klampen muss.
Nur mit dem Stromkabel wird es hier leider nicht klappen, denn die nächste Steckdose ist einfach viel zu weit weg. Macht nichts, es ist ja warm und für alle anderen Verbraucher haben wir genug Watt an Bord.e
Wie immer holen wir sofort unsere Klappräder von Bord, tragen sie über das Motorboot und drehen noch schnell eine Runde durch die Stadt. Kopenhagen ist ja so etwas wie die Fahrradhauptstadt der Welt. Die Radwege mitten in der Stadt sind sehr großzügig angelegt und es gibt grüne Wellen für Radfahrer. Entsprechend ist hier auch einfach jeder auf zwei Rädern unterwegs.
Weil wir an diesem Abend zu faul zum kochen sind, entdecken wir durch Zufall eine super Pizzeria, bei der wir uns jeder eine Pizza zum Mitnehmen bestellen. Sie liegt nur 100 Meter von unserem Schiff entfernt und hat so leckere Pizzas, dass wir am nächsten Abend dort gleich nochmal bestellen.
Doch zunächst werfen wir uns in den ganz normalen Touristentrubel. Unsere erste Station, die wir selbstverständlich mit dem Fahrrad anfahren ist das Wahrzeichen der Stadt, die Statue der Meerjungfrau. Und wir sind nicht die einzigen. Ganze Heerschaaren von Touris aus allen denkbaren Ländern machen es gar nicht so einfach die Meerjungfrau mal zu fotografieren, ohne dass im Hintergrund noch weitere Fotografen stehen.

Die Meerjungfrau von Kopenhagen


Den in unmittelbarer Nähe befindlichen Yachthafen Langelinie schauen wir uns bei der Gelegenheit auch kurz an. Hier liegt man sicher auch ganz gut, aber mit dem Charme des Christianshavn hat das nichts zu tun.
Als nächstes fahren wir langsam in die Stadt und kommen dabei auch an dem dritten Yachthafen vorbei, der für Segler in Frage kommt: der Nyhavn, quasi gegenüber vom Christianshavn. Im Nyhavn ist sicherlich der meiste Trubel und die schönste Hafenatmosphäre. Unzählige Cafes säumen die Ufer dieses Kanalstücks, in dem auch viele Großsegler und Traditionsschiffe festmachen. Ruhe, insbesondere Nachtruhe hat man hier sicherlich kaum.


Nyhavn


Auf diesen Turm führen keine Stufen...


Turmaussicht auf Kopenhagen

Nach drei tollen Tagen in Kopenhagen bei herrlichsten Wetter mit Minirock- und T-Shirttemperaturen müssen wir uns schweren Herzens weiter auf den Weg in Richtung Heimat machen. Nächstes Ziel ist der kleine Ort Rødvig. Dafür müssen wir zunächst durch den Öresund, in dem sehr starke Strömung herrscht, und zwar gegen uns. Daher bewegen wir uns nur sehr langsam durch die Meerenge die zum Teil von der riesigen Öresundbrücke überspannt wird und zum anderen Teil über den Tunnel, der die Brücke verlängert, führt.
Unterwegs wird der Wind wieder kräftiger . Kurz vor dem Hafen, vor dem viele Stellnätze den Zugang erschweren, hat es so stark aufgefrischt, dass wir uns bei dem daraus resultierenden Schwell in der Hafeneinfahrt richtig durchgeschaukelt werden. Fast schon grenzwertig bei dem Wind der Stärke 6 aus West in den Hafen einzulaufen. Im Hafen sind wir froh, dass das Wasser wieder ruhig ist, leider ist der Wind aber noch da, was uns das Anlegen erschwert. Mit Mühe und Not machen wir nach mehreren Versuchen an einem großen Motorboot fest und sind glücklich angekommen zu sein.
Nach dem Abendessen sitzen wir noch kurz draussen in einem Cafe, wo es Wifi gibt, und beraten bei einem Bier und einem Kaffee wie wir von hier weiterfahren. Die Wettervorhersage kennt für die nächsten Tage nur Westwinde, meistens kräftig. Daher beschliessen wir nicht in den Bøgestrøm einzulaufen, wie ursprünglich mal geplant, sondern stattdessen die Insel Møn an der Ostküste zu passieren und Klintholm anzulaufen.

Auf dem Törn haben wir herrlichen Raumwindkurs und schönes Wetter. Ideal für schöne Fotos von Møn's Bilderbuchküste, die mit ihren Kreidefelsen Rügen in nichts nachsteht. Ganz im Gegenteil, die dänischen Kreidefelsen sind sogar noch höher als die der deutschen Schwester.
Während wir mit fotografieren und filmen beschäftigt sind, knallen plötzlich extreme Fallböen von den schönen Felsen herunter. Die Lollo liegt jedesmal ganz schön schräg auf der Backe, so dass wir dann immer die Großschot etwas fieren. Da wir ja auf der Leeseite der Insel sind, gibt es keine Wellen und das Ganze geht direkt in Beschleunigung über. Nach der Abdeckung der Insel frischt der Wind aber nicht weiter auf, sondern bleibt mehr oder weniger konstant bei 4-5 Bft. Aus West natürlich, daher müssen wir die letzten paar Meilen nach Klintholm kreuzen.



Kreideküste von Møn


Der Hafen von Klintholm ist eher eine Ferienwohnungsanlage mit Anlegeplätzen. Es gibt einen kleinen Supermarkt und ein Restaurant. Der Ort ist nicht weit, hat aber nicht allzu viel zu bieten. Trotzdem hat die Insel Møn Einzigartiges zu bieten: die schönen unebenen Felder mit den verträumten Landhäusern und die bereits erwähnten Kreidefelsen. Dorthin machen wir uns mit dem Fahrrad auf den Weg. Es sind vom Schiff aus ca. 7km über lange Strassen mit leichten, aber zähen Gefällen. Nur zum Schluss muss man steil bergauf, wofür sich die Gangschaltung an unseren Klapprädern bewährt. Oben angelangt spazieren wir eine steile Holztreppe hinab bis zum Wasser. Dort ist es nur leider nicht mehr so fotogen, da wir uns mittlerweile auf der Schattenseite der Insel befinden.

Typisches Haus auf der Insel Møn


Auf dem Weg zum Wasser


Die Kreideküste im Schatten


In Klintholm diskutieren wir nochmal die Wetterlage und die weitere Route. Schliesslich haben wir von hier nochmal die Möglichkeit über den Grønsund in Richtung Vordingborg zu segeln. Doch wir entscheiden uns wieder für den Südkurs, das ist bei dem anhaltenden Westwind einfach die bessere Lösung. Nächstes Ziel ist der kleine Hafen von Hesnaes auf der Insel Falster.


                                       
Liegeplatz in Klintholm...


                                       
...und in Hesnaes


Wir wollen auch gleich am nächsten Tag weiter, trotz Regen. Der Weg ist ja nicht lang und in Hesnaes klart der Himmel wieder etwas auf, daher machen wir einen Spaziergang um das Örtchen.
Hier gibt es noch einen Hafenmeister in richtiger Uniform. Er kommt zu den Seglern zum kassieren. Bezahlt werden kann auch in Euro.
Die Windvorhersage für den nächsten Tag sagt 5 Bft aus West, in Böen 7. Es soll aber weitestgehend trocken bleiben. Gedser, am Südzipfel von Falster, steuern wir als nächstes an. Bei dem Wind sind wir so gut unterwegs, dass wir unterwegs beschliessen nach Kühlungsborn durchzufahren.
Doch zunächst sind wir skeptisch ob dieses Unterfangens. Denn wir wissen zunächst nicht wie der Wind hinter der Abdeckung von Falster sich entwickelt. Und natürlich der Seegang. Der Weg über die Kadettrinne ist weit und wir wollen nicht die ganze Strecke bei rauher See segeln.
Schon bald stellt sich aber heraus, dass die See nicht so wild ist und wir segeln einfach weiter. Unterwegs nimmt der Wind etwas ab und der Trip wird immer gemütlicher. Wir können aber bis Kühlungsborn durchsegeln und betreten am späten Nachmittag wieder heimischen Boden. Nur müssen wir erstmal einige Runden in der modernen Marina drehen um einen Liegeplatz zu finden. Da unser Boot ja recht klein ist legen wir uns zwischen zwei andere Boote, die jeweils an einem Schlengel liegen. Das ist hier in Kühlungsborn so üblich.
Nach dem geglückten Anlegemanöver (bei völliger Flaute) haben wir beide einen Bärenhunger und wollen mal schauen was es auf der vornehmen und modernen Promenade vor der Marina für Lokalitäten gibt. Beim einzigen Restaurantbesuch im ganzen Urlaub bestellen wir uns Burger mit Pommes und ein Bier. Zwar ziemlich teuer und wir müssen lange warten, aber dafür stimmt die Aussicht auf Hafen und Meer.
Im nahegelegenen Ort gibt es einige Shoppingmeilen, die Irmi ausgiebig erkundet. Sehr empfehlenswert ist die Ausstellung über die Republikflüchtlinge von hier aus, die es am Strand an einem stillgelegten Wachturm gibt. Hoffentlich ist es eine dauerhafte Sache, denn das sollten wirklich alle Kühlungsborn-Touristen mal sehen.

Von Kühlungsborn ist es nur noch einen Zwischenstopp bis zu unserem Heimathafen. Leider gibt es am nächsten Tag keinen Wind. Ab und zu versuchen wir mit dem Spinnaker einen Windhauch einzufangen, aber so richtig reichen tut der Wind an diesem Tag zu keinem Zeitpunkt. Daher landen wir unter Motor am Nachmittag in Orth auf der Insel Fehmarn.





















Mittwoch, 10. Juni 2015

Fronleichnam 2015 - Schlei

Um dem Strassenverkehr aus dem Weg zu gehen fahren wir mal wieder morgens früh um 4:00 Uhr los und werden mit einer freien A1 belohnt. Allerdings nur bis Bremen, wo wir in einen kleinen Rush-Hour Stau geraten. Den gibt es in Hamburg vor dem Elbtunnel auch noch mal, aber fortan haben wir fast freie Fahrt, selbst die Riesenbaustelle nördlich der Elbe hält uns nicht mehr groß auf.
Und so liegen wir genau im Zeitplan. Leider hält sich der Wind auch an den Plan und weht nur sehr schwach. Doch wir legen ab, denn das Wetter lädt einfach auf das Wasser ein.
Zu unserer Überraschung kommt das bisschen Wind allerdings nicht aus West, wie von Wetteronline und Windfinder vorhergesagt, sondern aus Ost. Vor einer Woche hatten wir das Phänomen doch schon einmal. Offensichtlich ist es bei schwachen Winden nicht so einfach die Richtung vorherzusagen. Nun wollten wir ja eigentlich zum ersten Mal nach Dänemark, und zwar nach Marstal auf der Insel Aerö. Das ist von Wendtorf aus bei Westwind ein Raumwindkurs. Bei wenig Wind also ideal für unseren Spinnaker. Bei Ostwind jedoch muss man am Wind segeln, was wir auch erst versuchen, aber wir sind einfach zu langsam um noch am Frühabend anzukommen. Spontan beschliessen wir daher den Kurs in Richtung Maasholm abzusetzen und holen den Spinnaker aus dem Bergeschlauch.


Unter Spi nach Maasholm


Leuchtturm von Schleimünde


Nachdem wir vor wenigen Wochen auf dem Weg nach Kappeln an Maasholm vorbeigesegelt sind, wollten wir da sowieso mal hin.
Der Spinnaker zieht uns bei zwei Bft von achtern mit knapp 4 Knoten in Richtung Schleimündung. Es ist warm und die Sonne knallt, einfach herrlich! Da ja Fronleichnam in Schleswig Holstein und Niedersachsen kein Feiertag ist, hält sich der Sportbootverkehr stark in Grenzen. In der Ferne sieht man mal ein Boot, aber nur einmal kommt uns eins nahe. Eine neue Bavaria 32 überholt uns mit Groß und Genua. Was ist das denn? Ich hätte gedacht, dass wir mit Spi schneller sind als eine Standardbesegelung, aber falsch gedacht. Offensichtlich ist der Vorteil, den die neuen Designs vor dem Wind haben so groß, dass der Nachteil der Besegelung überkompensiert wird.
Kurz vor der Einfahrt in die Schlei bergen wir den Spi. Allerdings haben wir noch keine Ahnung wie wir das am besten machen und so wird es anfangs ein bisschen chaotisch. Bei so wenig Wind kriegen wir ihn aber gebändigt und relativ schnell wieder in den Sack.
Die Marina Maasholm liegt sehr geschützt. Zum einen weil sie in der Schlei liegt, die von sich aus schon geschützter liegt als die Ostsee. Zum anderen weil sie doppelt durch zwei Hafeneinfahrten geschützt ist, so dass im innersten Becken wirklich keine Wellenbewegung mehr ankommt. 
Leider hat eins unserer Fahrräder einen Platten, den man nicht mehr flicken kann. D.h. wir müssen uns erstmal ein Fahrradgeschäft suchen, wo wir uns einen neuen Schlauch und Mantel besorgen können. Leider stellen wir fest, dass es in Maasholm keins gibt, in Kappeln soll das nächste Geschäft sein. Wenn wir also unsere Klappräder während des langen Wochenendes benutzen wollen, müssen wir dort noch einen Zwischenstopp einlegen. So machen wir in Maasholm nur noch einen Spaziergang und planen anschliessend die nächsten Tage bei einem Sundowner.
Maasholm gefällt uns übrigens ausgesprochen gut. Der Ort sieht ein bisschen aus wie eine Filmkulisse oder wie ein Museum. Erinnert uns sofort an Hindeloopen am IJsselmeer.
Auch die Marina macht auf uns einen tollen Eindruck. Hier würden wir gerne unseren Saisonliegeplatz haben, wenn es nicht deutlich weiter zu fahren wäre als nach Wendtorf.
Nur den Hafenmeister treffen wir nicht mehr an. Macht nichts, denn das Liegegeld kann man auch in einem Umschlag in das Hafenbüro werfen. Und die Karte für die sanitären Anlagen, die Irmi's Ansprüchen voll und ganz genügen, bekommt man am Automaten für 10 Euro Pfand, die man allerdings klein haben muss.

Spazierweg in Maasholm


Am Freitag Morgen, oder vielmehr Vormittag, denn vor 11 Uhr kommen wir selten aus der Box, setzen wir die Fahrt fort durch die Schlei. In Kappen legen wir am Gastbereich an und haben etwas Zeit für unsere Besorgungen und einen kleinen Stadtbummel bevor die Brücke öffnet. Das ist immer um viertel vor jeder Stunde der Fall und das wollen wir nicht verpassen. Schliesslich wollen wir ja noch bis Schleswig.
Nach der Brückendurchfahrt ziehen wir sofort wieder die Segel hoch. Auf dem weiteren Verlauf der Schlei kann man wunderbar segeln. Es ist meistens auch möglich sich ausserhalb der Betonung zu bewegen und das Wasser ist so gut wie wellenfrei. Nur muss man naturgemäß mehr aufpassen als auf dem Meer, da der übrige Schiffsverkehr immer nah und üppig ist. Ein Autopilot ist hier also nicht unbedingt ratsam. Irmi übernimmt in der nächsten Stunde das Ruder, da ich mit dem neuen Schlauch und Mantel, den wir in Kappen besorgt haben, inzwischen das Klapprad repariere.
Kurze Zeit später kommt bei Lindaunis wieder eine Klappenbrücke, die immer um fünf Minuten vor jeder vollen Stunde öffnet. Wieder sammeln sich viele Boote vor der Brücke und warten auf die Öffnung. Einen Warteponton wie in Holland gibt es leider keinen. Man könnte allerdings in der nahen Marina von Lindaus kurz anlegen, wenn man mit langer Wartezeit ankommt.
Also Segel wieder kurz bergen und hinter der Brücke wieder hoch damit. Nun ist es allerdingss mittlerweile so spät geworden, dass wir beschliessen nicht mehr nach Schleswig zu segeln, zumal der Wind auch deutlich schwächer wird. Da segeln wir lieber mit 3 Knoten dahin als unter Motor noch die Ganze Schlei herunter zu brettern. 
Doch nun müssen wir uns erstmal einen Hafen suchen. Missunde wurde uns von unserem Nachbarlicher aus Massholm, einem Bildhauer, empfohlen. Also peilen wir das kleine Örtchen an und landen schliesslich in der Marina Brodersby auf der gegenüberliegenden Seite der Schlei. Obwohl es bereits nach 19:00 ist, machen wir uns noch mit unseren Klapprädern auf den Weg nach Missunde, was am anderen Ufer liegt. Die kleine Fähre über die Schlei fährt um diese Jahreszeit bis 22:00 Uhr, daher haben wir Zeit ein wenig umher zu radeln. Missunde ist allerdings nur ein kleines Dörfchen mit Campingplatz, das keinen alten Dorfkern hat und uns eigentlich nicht sonderlich attraktiv erscheint. Aber was soll, an der Schlei ist es ja auf Grund der Landschaft überall schön, daher schauen wir uns noch das Dorf Brodersby auf unserer Seite des Flusses an.
Die Marina Brodersby hat einen eigenen Kran und scheint auch als Winterlagerplatz beliebt zu sein. Sie hat fast alles, was eine Marina ausmacht, auch wenn die wenigen Liegeplätze nur am Schleiufer aneinandergereiht sind und daher gar nicht wie eine Marina wirkt.

Lollo in der Marina Brodersby


Am Samstag morgen hat weht noch etwas mehr Wind als am Vortag. 4-5 und in Böen 7 Bft bei fast wellenfreier Oberfläche: die Schlei ist einfach ein Top-Segelrevier. Wenn da nur die Brücken nicht wären. Vor der Brücke vor Lindaus haben wir die Geschwindigkeit unserer Lollo unterschätzt. Wir sind viel zu früh dort, und das obwohl wir vor dem Wind die Schlei heraufkreuzen. 
Das Stück zwischen Lindaus und Arnis sind wir fast permanent über 7 Knoten schnell. Arnis wollen wir uns auf der Rückfahrt nicht entgehen lassen und versuchen bei dem vielen Wind am Steg auf der Ostseite der Halbinsel, auf Höhe der Werft Matthias Pausen, festzumachen. Das ist gar nicht so einfach, da der Wind ablandig weht und wir ganz schön zu ziehen haben bis die Festmacher endlich richtig sitzen. 
Arnis ist angeblich die kleinste Stadt Deutschlands, und zwar nach Einwohnerzahl und Fläche. Mit 300 Bewohnern ist es auf jeden Fall schonmal kleiner als Neef, und das heisst schon was!
Vor allem aber ist Arnis ein niedlicher Ort, der uns ein bisschen an Durgerdam erinnert. Viele kleine, alte Häuschen, viel Grün im Ort und alles voll Wassersport: Werften und Yachten überall wo man von dieser Halbinsel in Richtung Schlei schaut. In Arnis gibt es keinen Supermarkt, schade, denn wir müssen ja noch einkaufen. Nur einen Bäcker gibt es. Die Aniser fahren alle nach Kappeln, wenn sie mehr als Gebäck brauchen und so müssen wir das dann auch tun. Also schnell zurück zum Boot und auf nach Kappeln. Normalerweise kein Problem, wenn man den Bootsschlüssel noch hat. Leider haben wir den nicht mehr. Und überhaupt keine Ahnung wo er sein könnte. Völlig verzweifelt gehen wir den gesamten Weg, den wir durch Arnis gelaufen sind, nochmal ab und suchen nach dem Schlüssel. Jedoch ohne Erfolg. Es hilft alles nichts. Wir müssen wiederholen, was wir 2010 bereits auf St. Martin in Margot auf der französischen Seite der Insel tun mussten: Nämlich das Vorhängeschloss mit einem Wantenschneider knacken. Damals hatten wir unseren Eigenen; der ist uns aber inzwischen durchgerostet und längst im Metallschrott. Aber jeder Segler hier im Hafen müsste ja einen haben, denke ich mir. Tatsächlich dauert es aber eine Weile bis wir einen ausfindig machen, der einen ausreichend großen und scharfen an Bord hat. Kaum haben wir das Schloss geknackt, entdecken wir innen auf dem Kartentisch den Schlüsselbund…Wer hat den denn da bloß liegen lassen? 


Arnis


Rathaus von Arnis

Noch ein Haus in Arnis

immer noch Arnis


Einbrecher bei der Arbeit...


Auf geht’s also nach Kappeln. Wenn wir uns beeilen, schaffen wir die nächste „viertel vor“ Brücke noch. Zum Einkaufen ist es allerdings mittlerweile zu spät geworden. Stattdessen segeln wir direkt nach Schleimünde um dort noch ein wenig spazieren zu gehen. Es weht viel Wind, sehr viel. Im Hafen von Schleimünde pfeift und kachelt es wie jeck. Und es ist nicht viel Platz zum rangieren. Ein Liegeplatz wäre frei, jedoch sagt der uns überhaupt nicht zu. Zu schwierig wäre bei den Bedingungen das anlegen dort. Ich bin froh, dass wir es überhaupt wieder schaffen im Hafenbecken zu drehen ohne irgendwo anzustoßen. Nichts wie wieder raus, lautet die Devise. Wieder nach Massholm, da ist das Hafenbecken bedeutend ruhiger.
Von Schleimünde nach Massholm brauchen wir bei dem Gegenwind allerdings eine gute halbe Stunde, das ist der Nachteil der Aktion. Und auch in Massholm bekommen wir bei Böen um die 7 Bft das Anlegemanöver nicht geschenkt, wie sich herausstellt. Wir benötigen mehrere Anläufe um endlich in eine Box mit grünem Schild hereinzukommen. Dabei bricht unser Zweitbootshaken in der  Mitte, also an der Teleskopfunktion, durch und ist damit quasi wertlos.
Wieder zahlen wir die Liegegebühren, indem wir die 13 Euro für unsere Bootsgröße von 31 Fuss in einen Umschlag und dann ins Hafenmeisterbüro werfen.

Sonntag ist allgemeiner Rückreisetag und so brechen viele Yachtis auf und treten den Heimweg an. Es weht 5-6 Windstärken, in Böen 7, an unserem Handgerät messen wir 8. Das ist inkl. Fahrt bei Raumwindkurs, denn der Wind kommt aus West und wir müssen nach Wendtorf. Dafür ist es auch deutlich tiefer als die üblichen 10 Meter, auf die sich die Windstärken beziehen. Es ist also angebracht zu reffen. Und zunächst rollen wir auch nur die Genua gerefft raus, später reffen wir sie wieder aus. Aus der Schlei heraus ist es noch wellenarm, mit jeder Meile Richtung Westen wird es jedoch mehr. Um Raumwind fahren zu können segeln wir direkten Kurs Richtung Wendtorf, ungeachtet des sich im Weg befindlichen Sperrgebietes. Doch mir wurde mal in Kappen von dem dortigen Hafenmeister gesagt, dass man es damit nicht so genau nehmen braucht. Also haben wir keine Skrupel von diesem Sperrgebiet die nordöstliche Ecke etwas abzuschneiden.
Aus Wellengründen hätten wir aber vielleicht besser daran getan von der Schleimündung direkt auf Südkurs zu gehen, wie es viele andere Yachten machen. Dort umfährt man das Sperrgebiet, hat weniger Welle und noch die Aussicht auf die Küste. So würde ich es das nächste Mal tun.
Jedenfalls sind wir extrem schnell mit dem gewählten Kurs. Ständig zwischen 6,5 und 7,5 Knoten. Da sind wir razi-fazi in Wendtorf und haben noch Zeit für Kaffee und Kuchen und das Schiff zu klarieren bevor wir wieder die Heimreise nach Köln antreten.