Mittwoch, 10. Juni 2015

Fronleichnam 2015 - Schlei

Um dem Strassenverkehr aus dem Weg zu gehen fahren wir mal wieder morgens früh um 4:00 Uhr los und werden mit einer freien A1 belohnt. Allerdings nur bis Bremen, wo wir in einen kleinen Rush-Hour Stau geraten. Den gibt es in Hamburg vor dem Elbtunnel auch noch mal, aber fortan haben wir fast freie Fahrt, selbst die Riesenbaustelle nördlich der Elbe hält uns nicht mehr groß auf.
Und so liegen wir genau im Zeitplan. Leider hält sich der Wind auch an den Plan und weht nur sehr schwach. Doch wir legen ab, denn das Wetter lädt einfach auf das Wasser ein.
Zu unserer Überraschung kommt das bisschen Wind allerdings nicht aus West, wie von Wetteronline und Windfinder vorhergesagt, sondern aus Ost. Vor einer Woche hatten wir das Phänomen doch schon einmal. Offensichtlich ist es bei schwachen Winden nicht so einfach die Richtung vorherzusagen. Nun wollten wir ja eigentlich zum ersten Mal nach Dänemark, und zwar nach Marstal auf der Insel Aerö. Das ist von Wendtorf aus bei Westwind ein Raumwindkurs. Bei wenig Wind also ideal für unseren Spinnaker. Bei Ostwind jedoch muss man am Wind segeln, was wir auch erst versuchen, aber wir sind einfach zu langsam um noch am Frühabend anzukommen. Spontan beschliessen wir daher den Kurs in Richtung Maasholm abzusetzen und holen den Spinnaker aus dem Bergeschlauch.


Unter Spi nach Maasholm


Leuchtturm von Schleimünde


Nachdem wir vor wenigen Wochen auf dem Weg nach Kappeln an Maasholm vorbeigesegelt sind, wollten wir da sowieso mal hin.
Der Spinnaker zieht uns bei zwei Bft von achtern mit knapp 4 Knoten in Richtung Schleimündung. Es ist warm und die Sonne knallt, einfach herrlich! Da ja Fronleichnam in Schleswig Holstein und Niedersachsen kein Feiertag ist, hält sich der Sportbootverkehr stark in Grenzen. In der Ferne sieht man mal ein Boot, aber nur einmal kommt uns eins nahe. Eine neue Bavaria 32 überholt uns mit Groß und Genua. Was ist das denn? Ich hätte gedacht, dass wir mit Spi schneller sind als eine Standardbesegelung, aber falsch gedacht. Offensichtlich ist der Vorteil, den die neuen Designs vor dem Wind haben so groß, dass der Nachteil der Besegelung überkompensiert wird.
Kurz vor der Einfahrt in die Schlei bergen wir den Spi. Allerdings haben wir noch keine Ahnung wie wir das am besten machen und so wird es anfangs ein bisschen chaotisch. Bei so wenig Wind kriegen wir ihn aber gebändigt und relativ schnell wieder in den Sack.
Die Marina Maasholm liegt sehr geschützt. Zum einen weil sie in der Schlei liegt, die von sich aus schon geschützter liegt als die Ostsee. Zum anderen weil sie doppelt durch zwei Hafeneinfahrten geschützt ist, so dass im innersten Becken wirklich keine Wellenbewegung mehr ankommt. 
Leider hat eins unserer Fahrräder einen Platten, den man nicht mehr flicken kann. D.h. wir müssen uns erstmal ein Fahrradgeschäft suchen, wo wir uns einen neuen Schlauch und Mantel besorgen können. Leider stellen wir fest, dass es in Maasholm keins gibt, in Kappeln soll das nächste Geschäft sein. Wenn wir also unsere Klappräder während des langen Wochenendes benutzen wollen, müssen wir dort noch einen Zwischenstopp einlegen. So machen wir in Maasholm nur noch einen Spaziergang und planen anschliessend die nächsten Tage bei einem Sundowner.
Maasholm gefällt uns übrigens ausgesprochen gut. Der Ort sieht ein bisschen aus wie eine Filmkulisse oder wie ein Museum. Erinnert uns sofort an Hindeloopen am IJsselmeer.
Auch die Marina macht auf uns einen tollen Eindruck. Hier würden wir gerne unseren Saisonliegeplatz haben, wenn es nicht deutlich weiter zu fahren wäre als nach Wendtorf.
Nur den Hafenmeister treffen wir nicht mehr an. Macht nichts, denn das Liegegeld kann man auch in einem Umschlag in das Hafenbüro werfen. Und die Karte für die sanitären Anlagen, die Irmi's Ansprüchen voll und ganz genügen, bekommt man am Automaten für 10 Euro Pfand, die man allerdings klein haben muss.

Spazierweg in Maasholm


Am Freitag Morgen, oder vielmehr Vormittag, denn vor 11 Uhr kommen wir selten aus der Box, setzen wir die Fahrt fort durch die Schlei. In Kappen legen wir am Gastbereich an und haben etwas Zeit für unsere Besorgungen und einen kleinen Stadtbummel bevor die Brücke öffnet. Das ist immer um viertel vor jeder Stunde der Fall und das wollen wir nicht verpassen. Schliesslich wollen wir ja noch bis Schleswig.
Nach der Brückendurchfahrt ziehen wir sofort wieder die Segel hoch. Auf dem weiteren Verlauf der Schlei kann man wunderbar segeln. Es ist meistens auch möglich sich ausserhalb der Betonung zu bewegen und das Wasser ist so gut wie wellenfrei. Nur muss man naturgemäß mehr aufpassen als auf dem Meer, da der übrige Schiffsverkehr immer nah und üppig ist. Ein Autopilot ist hier also nicht unbedingt ratsam. Irmi übernimmt in der nächsten Stunde das Ruder, da ich mit dem neuen Schlauch und Mantel, den wir in Kappen besorgt haben, inzwischen das Klapprad repariere.
Kurze Zeit später kommt bei Lindaunis wieder eine Klappenbrücke, die immer um fünf Minuten vor jeder vollen Stunde öffnet. Wieder sammeln sich viele Boote vor der Brücke und warten auf die Öffnung. Einen Warteponton wie in Holland gibt es leider keinen. Man könnte allerdings in der nahen Marina von Lindaus kurz anlegen, wenn man mit langer Wartezeit ankommt.
Also Segel wieder kurz bergen und hinter der Brücke wieder hoch damit. Nun ist es allerdingss mittlerweile so spät geworden, dass wir beschliessen nicht mehr nach Schleswig zu segeln, zumal der Wind auch deutlich schwächer wird. Da segeln wir lieber mit 3 Knoten dahin als unter Motor noch die Ganze Schlei herunter zu brettern. 
Doch nun müssen wir uns erstmal einen Hafen suchen. Missunde wurde uns von unserem Nachbarlicher aus Massholm, einem Bildhauer, empfohlen. Also peilen wir das kleine Örtchen an und landen schliesslich in der Marina Brodersby auf der gegenüberliegenden Seite der Schlei. Obwohl es bereits nach 19:00 ist, machen wir uns noch mit unseren Klapprädern auf den Weg nach Missunde, was am anderen Ufer liegt. Die kleine Fähre über die Schlei fährt um diese Jahreszeit bis 22:00 Uhr, daher haben wir Zeit ein wenig umher zu radeln. Missunde ist allerdings nur ein kleines Dörfchen mit Campingplatz, das keinen alten Dorfkern hat und uns eigentlich nicht sonderlich attraktiv erscheint. Aber was soll, an der Schlei ist es ja auf Grund der Landschaft überall schön, daher schauen wir uns noch das Dorf Brodersby auf unserer Seite des Flusses an.
Die Marina Brodersby hat einen eigenen Kran und scheint auch als Winterlagerplatz beliebt zu sein. Sie hat fast alles, was eine Marina ausmacht, auch wenn die wenigen Liegeplätze nur am Schleiufer aneinandergereiht sind und daher gar nicht wie eine Marina wirkt.

Lollo in der Marina Brodersby


Am Samstag morgen hat weht noch etwas mehr Wind als am Vortag. 4-5 und in Böen 7 Bft bei fast wellenfreier Oberfläche: die Schlei ist einfach ein Top-Segelrevier. Wenn da nur die Brücken nicht wären. Vor der Brücke vor Lindaus haben wir die Geschwindigkeit unserer Lollo unterschätzt. Wir sind viel zu früh dort, und das obwohl wir vor dem Wind die Schlei heraufkreuzen. 
Das Stück zwischen Lindaus und Arnis sind wir fast permanent über 7 Knoten schnell. Arnis wollen wir uns auf der Rückfahrt nicht entgehen lassen und versuchen bei dem vielen Wind am Steg auf der Ostseite der Halbinsel, auf Höhe der Werft Matthias Pausen, festzumachen. Das ist gar nicht so einfach, da der Wind ablandig weht und wir ganz schön zu ziehen haben bis die Festmacher endlich richtig sitzen. 
Arnis ist angeblich die kleinste Stadt Deutschlands, und zwar nach Einwohnerzahl und Fläche. Mit 300 Bewohnern ist es auf jeden Fall schonmal kleiner als Neef, und das heisst schon was!
Vor allem aber ist Arnis ein niedlicher Ort, der uns ein bisschen an Durgerdam erinnert. Viele kleine, alte Häuschen, viel Grün im Ort und alles voll Wassersport: Werften und Yachten überall wo man von dieser Halbinsel in Richtung Schlei schaut. In Arnis gibt es keinen Supermarkt, schade, denn wir müssen ja noch einkaufen. Nur einen Bäcker gibt es. Die Aniser fahren alle nach Kappeln, wenn sie mehr als Gebäck brauchen und so müssen wir das dann auch tun. Also schnell zurück zum Boot und auf nach Kappeln. Normalerweise kein Problem, wenn man den Bootsschlüssel noch hat. Leider haben wir den nicht mehr. Und überhaupt keine Ahnung wo er sein könnte. Völlig verzweifelt gehen wir den gesamten Weg, den wir durch Arnis gelaufen sind, nochmal ab und suchen nach dem Schlüssel. Jedoch ohne Erfolg. Es hilft alles nichts. Wir müssen wiederholen, was wir 2010 bereits auf St. Martin in Margot auf der französischen Seite der Insel tun mussten: Nämlich das Vorhängeschloss mit einem Wantenschneider knacken. Damals hatten wir unseren Eigenen; der ist uns aber inzwischen durchgerostet und längst im Metallschrott. Aber jeder Segler hier im Hafen müsste ja einen haben, denke ich mir. Tatsächlich dauert es aber eine Weile bis wir einen ausfindig machen, der einen ausreichend großen und scharfen an Bord hat. Kaum haben wir das Schloss geknackt, entdecken wir innen auf dem Kartentisch den Schlüsselbund…Wer hat den denn da bloß liegen lassen? 


Arnis


Rathaus von Arnis

Noch ein Haus in Arnis

immer noch Arnis


Einbrecher bei der Arbeit...


Auf geht’s also nach Kappeln. Wenn wir uns beeilen, schaffen wir die nächste „viertel vor“ Brücke noch. Zum Einkaufen ist es allerdings mittlerweile zu spät geworden. Stattdessen segeln wir direkt nach Schleimünde um dort noch ein wenig spazieren zu gehen. Es weht viel Wind, sehr viel. Im Hafen von Schleimünde pfeift und kachelt es wie jeck. Und es ist nicht viel Platz zum rangieren. Ein Liegeplatz wäre frei, jedoch sagt der uns überhaupt nicht zu. Zu schwierig wäre bei den Bedingungen das anlegen dort. Ich bin froh, dass wir es überhaupt wieder schaffen im Hafenbecken zu drehen ohne irgendwo anzustoßen. Nichts wie wieder raus, lautet die Devise. Wieder nach Massholm, da ist das Hafenbecken bedeutend ruhiger.
Von Schleimünde nach Massholm brauchen wir bei dem Gegenwind allerdings eine gute halbe Stunde, das ist der Nachteil der Aktion. Und auch in Massholm bekommen wir bei Böen um die 7 Bft das Anlegemanöver nicht geschenkt, wie sich herausstellt. Wir benötigen mehrere Anläufe um endlich in eine Box mit grünem Schild hereinzukommen. Dabei bricht unser Zweitbootshaken in der  Mitte, also an der Teleskopfunktion, durch und ist damit quasi wertlos.
Wieder zahlen wir die Liegegebühren, indem wir die 13 Euro für unsere Bootsgröße von 31 Fuss in einen Umschlag und dann ins Hafenmeisterbüro werfen.

Sonntag ist allgemeiner Rückreisetag und so brechen viele Yachtis auf und treten den Heimweg an. Es weht 5-6 Windstärken, in Böen 7, an unserem Handgerät messen wir 8. Das ist inkl. Fahrt bei Raumwindkurs, denn der Wind kommt aus West und wir müssen nach Wendtorf. Dafür ist es auch deutlich tiefer als die üblichen 10 Meter, auf die sich die Windstärken beziehen. Es ist also angebracht zu reffen. Und zunächst rollen wir auch nur die Genua gerefft raus, später reffen wir sie wieder aus. Aus der Schlei heraus ist es noch wellenarm, mit jeder Meile Richtung Westen wird es jedoch mehr. Um Raumwind fahren zu können segeln wir direkten Kurs Richtung Wendtorf, ungeachtet des sich im Weg befindlichen Sperrgebietes. Doch mir wurde mal in Kappen von dem dortigen Hafenmeister gesagt, dass man es damit nicht so genau nehmen braucht. Also haben wir keine Skrupel von diesem Sperrgebiet die nordöstliche Ecke etwas abzuschneiden.
Aus Wellengründen hätten wir aber vielleicht besser daran getan von der Schleimündung direkt auf Südkurs zu gehen, wie es viele andere Yachten machen. Dort umfährt man das Sperrgebiet, hat weniger Welle und noch die Aussicht auf die Küste. So würde ich es das nächste Mal tun.
Jedenfalls sind wir extrem schnell mit dem gewählten Kurs. Ständig zwischen 6,5 und 7,5 Knoten. Da sind wir razi-fazi in Wendtorf und haben noch Zeit für Kaffee und Kuchen und das Schiff zu klarieren bevor wir wieder die Heimreise nach Köln antreten. 


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